Leider liegt bisher immer noch keine umfassende Studie über die Wirkung von Infraschall vor. Seitens des Umweltbundesamtes wurde 2014 bereits eine „Machbarkeitsstudie zu Wirkungen von Infraschall – Entwicklung von Untersuchungsdesigns für die Ermittlung der Auswirkungen von Infraschall auf den Menschen durch unterschiedliche Quellen“ veröffentlicht.
Die in der Studie geäußerten Ansichten und Meinungen müssen nicht mit denen des Herausgebers übereinstimmen. Trotzdem einige Auszüge:
„Die mögliche enge kausale Bindung von akustischer Wahrnehmbarkeit (Hörschwelle) und Belästigungserleben muss dahin gehend überdacht werden, dass es Personen mit abgesenkter Hörschwelle gibt. Gerade bei tiefen Frequenzen ist die Dynamik zwischen gerade wahrnehmbaren Geräuschen und der Schmerzschwelle im Vergleich zu den mittleren Frequenzen des Hörbereichs geringer. Es ist deshalb zu vermuten, dass bei Personen mit abgesenkter Hörschwelle bereits Belästigungen auftreten können, obwohl die mittlere Hörkurve noch nicht überschritten wird. Dabei ist derzeit noch weitgehend ungeklärt, welche extraauralen Wirkmechanismen zusätzlich zu einer Lästigkeit führen können….
…Betrachtet man einige exemplarische Untersuchungsergebnisse, wird deutlich, dass Infraschall ab gewissen Pegelhöhen vielfältige negative Auswirkungen auf den menschlichen Körper haben kann. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass viele der negativen Auswirkungen von Infraschalleinwirkungen die Bereiche Herz-Kreislaufsystem, Konzentration und Reaktionszeit, Gleichgewichtsorgane, das Nervensystem und die auditiven Sinnesorgane betreffen. Probanden klagten häufig über Schwindel- und Unbehaglichkeitsempfindungen bei Infraschallexposition.
Ein Vergleich der Untersuchungsergebnisse hat gezeigt, dass negative Auswirkungen von Infraschall im Frequenzbereich unter 10 Hz auch bei Schalldruckpegeln unterhalb der Hörschwelle nicht ausgeschlossen sind. Die ersten negativen Auswirkungen wurden bereits bei Schalldruckpegeln von ca. 75 dB festgestellt, wobei die Effekte auch aus Schallanteilen über der Hörschwelle (> 20 Hz) resultieren können. Für eine negative Auswirkung von Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle konnten bislang keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse gefunden werden, auch wenn zahlreiche Forschungsbeiträge entsprechende Hypothesen postulieren…
…Vielfach wird unterstellt oder beruht sogar auf eigenen Erfahrungen, dass man sich scheinbar an gewisse Dinge auf Dauer gewöhnen kann, so auch an Lärm, wenn er zum Beispiel nicht zu laut ist (Habituation). Im Allgemeinen tritt jedoch ein Gewöhnungseffekt nur scheinbar auf und ist oft das Resultat einer Verdrängungsstrategie. Eine solche Strategie scheint aber bei tiefen Frequenzen nur schwer möglich zu sein, denn mit steigender Dauer der Exposition nimmt die Empfindlichkeit zu (Sensibilisierung). Das wirft die Fragen auf: Gibt es dazu ein physiologisches Korrelat, das diesen Vorgang verstehen lässt? Gibt es eine Möglichkeit, diese Sensibilisierung auszuhalten oder sogar wieder rückgängig zu machen?
Wird der Vorgang der Sensibilisierung verstanden, ist vielleicht auch erklärbar, warum nur ein gewisser Anteil der Bevölkerung sehr empfindlich reagiert? In sämtlichen Untersuchungen fehlt eine Erklärung, wodurch sich diese besonders belästigende Wirkung ergibt. Besteht ein direkter Einfluss auf mentale Prozesse? Von der Beantwortung dieser Frage hängt im Wesentlichen ab, welche Qualität ein Schutz gegen tieffrequenten Schall und Infraschall haben muss….
…Eine im Zusammenhang mit Infraschall häufig untersuchte Geräuschquelle sind Windenergieanlagen. Die Veröffentlichungen zeigen, dass die Erfassung von Abstrahlung und Ausbreitung der Geräusche von Windenergieanlagen mit Unsicherheiten behaftet sind, die eine fundierte Geräuschprognose erschweren. Mit wachsender Höhe der Windenergieanlagen durchschneiden die Rotorblätter ein stärker variierendes Windprofil. Es ist daher fraglich, ob das Abstrahlungs- und Ausbreitungsmodell für kleinere Windenergieanlagen auf moderne, große Anlagen übertragbar ist. Aufgrund theoretischer Betrachtungen von Strömungsakustikern ist nicht davon auszugehen. Ein erweitertes Wissen über die genannten Vorgänge wäre aber nicht nur eine notwendige Voraussetzung für eine bessere Immissionsprognose. Die gewonnenen Erkenntnisse könnten auch Hinweise für eine bessere Lärmminderung von Windenergieanlagen liefern…
…Bisher erfolgt die Ermittlung und Beurteilung von Infraschall und tieffrequenten Geräuschen in der Verwaltungspraxis ausschließlich nach TA Lärm und DIN 45680. Die darin stark an der Bewertung von Geräuschen im – eindeutig als Hörbereich zuortenbaren – Frequenzbereich angelehnte Vorgehensweise sollte derart ergänzt werden, dass die Besonderheiten bei der Wahrnehmung und die Wirkungen von Infraschall umfassend und adäquat berücksichtigt werden. Dabei sollte jedoch nicht ausschließlich auf die Hörwahrnehmung Rücksicht genommen werden, auch der Frequenzbereich unter 8 Hz sollte im ganzheitlichen Immissionsschutz berücksichtigt werden…
…Da tieffrequente Schalle besonders innerhalb von Aufenthaltsräumen zu Belästigungen führen, ist ein ausreichender Schutz im Innenraum anzustreben. Somit ist sowohl bei der Prognose als auch bei der Messung die bau- bzw. raumakustische Situation zu berücksichtigen….
…Eine weitere offene Frage ist, weshalb die Betroffenen in der Regel stark mental beeinträchtigt sind. Ähnliche Beobachtungen sind bei anderen Lärmeinwirkungen bislang nicht zu machen. Ob ein direkter Einfluss auf Hirnfunktionen besteht und dieser deshalb besteht, weil die Hirnaktivitäten den gleichen Frequenzbereich belegen, bleibt zunächst eine noch nicht belegte Machbarkeitsstudie zur Wirkung von Infraschall Hypothese. Die Vorstellung, dass dies so sein könnte, verstärkt die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen in dieser Richtung….
…Eine detaillierte Analyse der verfügbaren Literatur zeigt, dass weitgehend auf den tieffrequenten Bereich konzentrierter Schall schon bei niedrigen Pegeln das mentale Wohlbefinden deutlich beeinträchtigen kann. Mit zunehmender Verschiebung zu tiefen Frequenzen bis in den Infraschallbereich verstärkt sich dieser Effekt. Das ist das Ergebnis verschiedener Untersuchungen im Feld und im Labor…
…Vergleicht man die Untersuchungsergebnisse, wird deutlich, dass negative Auswirkungen von Infraschall im Frequenzbereich unter 10 Hz auch bei Schalldruckpegeln unterhalb der Hörschwelle nicht ausgeschlossen sind…“